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Der Sprachwissenschaftler Chajim Heymann Steinthal

von Synke Sander

Unsere Heimatstadt Gröbzig war der Lebensort und Lebensabschnittsheimat verschiedener Berühmtheiten. Wir denken hier an: Diederich von den Werder, Diplomat und Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft; Johann Friedrich Walkhoff, dem Schulreformator und Begründer des ersten deutschen Lehrervereins oder an Friedrich Eilfeld, dem Erfinder der Metallspinndüse. Einer dieser Großen soll hier besonders genannt werden: Chajim Heymann Steinthal. Chajim Heymann Steinthal wurde am 16. Mai 1823 in unserem Städtchen Gröbzig geboren

und erlebte seine Kinder- und Jugendjahre hier. Über seine Kinder- und Jugendzeit geben die Quellen wenig Auskunft. Er muss aber ein äußerst wissbegieriger junger Mensch gewesen sein. Fritz A. Jahrmarkt schildert in seinem Beitrag im Heimatblatt Nr. 2 „Zwei ziehen in die Welt hinaus...“ das Geburts- und Elternhaus Steinthals: „... Es war ein winziges, unansehnliches einstöckiges Haus, dennoch imposant für Gröbziger Verhältnisse, ein Geschäftshaus. Zwei kleine Fenster der Wohnstube, eine schmale Haustür und daneben hatte man aus den beiden kleinen Fenstern ein größeres gemacht, das erste Schaufenster in Gröbzig. Darüber ein Schild: „David Steinthal – Manufaktur, Weiss- und Wollwaren“. Kietchen Steinthal, Chajims Mutter, hatte ihre Dekorationskünste aufgeboten und brachte gar eine feenhafte Beleuchtung zustande. Eigentlich hätte es heißen müssen: „Kietchen Steinthal, alleinige Inhaberin der Firma“, denn der Gatte war schon vor Jahren verstorben. Ihr oblagen alle Rechte, Pflichten, Haus, Geschäft und Kinder.“

Nach Abschluss der Franzschule in Dessau studierte Chajim an der Universität in Berlin Philologie und Philosophie. Er entwickelte eine außergewöhnliche Sprachbegabung und beherrschte schließlich 28 verschiedene Sprachen, wie Mandschu, mehrere afrikanische Dialekte, Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch, Griechisch, Hebräisch, Tibetisch... Steinthal wurde zum bedeutendsten deutschen Sprachwissenschaftler und promovierte 1849 an der Berliner Universität. Nach seiner Tätigkeit als Privatdozenten für Mythologie und Philologie wurde er 1862 zum Professor an diesem Institut ernannt. Er lehrte ab 1872 an der Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums in Berlin und war auch Mitglied des Talmud-Thora-Instituts. Er war ein Zeitzeuge eines der größten deutschen Wissenschaftlers, Wilhelm von Humboldt. Wilhelm von Humboldt war auch sein Lehrer. Als Beleg für ein Vertrauensverhältnis mag gelten, dass Steinthal im Jahre 1884 die sprachwissenschaftlichen Werke Humboldts herausgab. In den Jahren 1852 – 1854 studierte Steinthal in Paris Chinesisch. Ab 1872 arbeitete er als Privatdozent für Geschichte des Alten Testaments und religiöser Philosophie an der Hochschule für Wissenschaft des Judentums. Im Jahr 1860 gründete er mit seinem Schwager, Moritz Lazarus, die „Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft“. Steinthal war ab 1883 einer der Direktoren des „Israelitischen Gemeindebundes“ und lehrte in verschiedenen kleineren Gemeinden. Steinthal verstarb am 14. März 1899 in Berlin. Sein Grabmal befindet sich auf dem großen jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee.

Sein umfangreiches Werk soll hier genannt werden:

- Die Sprachwissenschaft W. von Humboldts und die Hegel'sche Philosophie (Berlin, 1848)

- Klassifikation der Sprachen, dargestellt als die Entwickelung der Sprachidee (1850),

- Der Ursprung der Sprache im Zusammenhang mit den Letzten Fragen Alles Wissens (1851)

- Die Entwickelung der Schrift (1852)

- Grammatik, Logik, Psychologie: Ihre Prinzipien und Ihre Verhältniss zu Einander (1855)

- Geschichte der Sprachwissenschaft bei Griechen und Römern Höhle (1863, 2. Aufl.. 1889-91)

- Philologie, Geschichte und Psychologie in Ihren Gegenseitigen Beziehungen (1864)

- Die Mande-Negersprachen, Psychologisch und Phonetisch Betrachtet (1867)

- Abriss der Sprachwissenschaft (Bd. I: Einleitung in die Psychologie und Sprachwissenschaft (1871; 2. Auflage 1881)

- Allgemeine Ethik (1885)

- Zu Bibel und Religionsphilosophie (1890, Neuauflage 1895)

Quellennachweis: www.wikipedia.de, Heimatblatt Nr. 2

 
 

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